Mittelstandsbetrachtung
Die Diskussion um die passende Managementmethode artet schnell in einen ideologischen Glaubenskrieg aus: Jeder glaubt die eine richtige Vorgehensweise zu kennen, überschätzt diese und ignoriert die Vorzüge der anderen. Dabei lohnt sich ein Vergleich von Scrum und Kanban, um die Stärken und Schwächen beider Prozessmethoden zu erkennen. Und es wird deutlich: Scrum und Kanban haben zunächst einiges gemeinsam:
- Beide Methoden werden überwiegend in der Softwareentwicklung eingesetzt.
- Beide haben das Ziel die Produktivität zu steigern.
- Beide sagen Leerlauf und Doppelgleisigkeiten den Kampf an.
So funktioniert Scrum
Im Vergleich zu Kanban legt Scrum einen stärkeren Fokus auf die organisatorische Struktur eines Teams:
- Der Scrum-Master behält den Überblick über alle Vorgänge, organisiert Meetings und regelt den Kommunikationsaustausch nach innen und außen.
- Der Product Owner behält das Product Backlog im Auge. Das heißt, er achtet darauf, dass die Liste mit den Anforderungen des Kunden Stück für Stück abgearbeitet wird. Außerdem legt er die Priorität der einzelnen Aufgaben fest.
- Das Team ist interdisziplinär aufgestellt und versucht in einzelnen Entwicklungsphasen (bei Scrum Sprints genannt) die Tasks häppchenweise abzuhaken. Am Ende eines jeden Sprints sollte idealerweise ein auslieferbares Feature oder Produkt stehen.
Scrum sieht auch tägliche Meetings (Daily Scrum) vor, in denen das Team die Sprints plant und rückblickend bewertet. Tipp: Um das Meeting nicht unendlich in die Länge zu ziehen, führen Sie es am besten im Stehen durch und beschränken es auf 15 Minuten.
So funktioniert Kanban
Das Wort Kanban kommt aus dem Japanischen und setzt sich aus den Worten KAN (Visualisieren) und BAN (Karte) zusammen. Diese Managementmethode wurde ursprünglich von Toyota entwickelt und hat den großen Vorteil, dass jeder weiß, für welche Arbeit er zuständig ist. Das mag erst mal banal klingen, doch für eine schnelle Durchlaufzeit der Prozessschritte ist dies fundamental.
Im Zentrum der Managementmethode steht eine Tafel – das Kanban-Board. Dort ist auf Kärtchen der Arbeitsaufwand für jeden einzelnen Mitarbeiter abgebildet. Die Kärtchen durchlaufen wie ein Ticket die verschiedenen Prozessschritte von Backlog, Test bis zu Abgeschlossen.
Dadurch erkennen Sie …
- wo sich die Arbeit staut,
- welcher Kollege Hilfe braucht oder
- wer gerade unterfordert ist.
Im Gegensatz zu Scrum gibt es keinen Master, der über alles wacht – die Arbeiter werfen einen Blick auf das Kanban-Board und holen sich ihre Arbeit selbst ab. Dies lässt viel Spielraum für eigenverantwortliches Handeln. Die losen Hierarchien bei Kanban setzen daher voraus, dass sich das Team selbst organisiert.
Das sind die Stärken und Schwächen von Scrum und Kanban:
- Pluspunkt bei Scrum: Das stringente Regelwerk und die feste Rollenzuteilung verleihen dem Team eine gewisse Robustheit. Durch die immer wiederkehrenden Abläufe (Sprints, Meetings im Daily Scrum) ist es auch leichter, eine gewisse Routine zu entwickeln. Da bei Kanban diese festen Rollen fehlen, ist eine exakte Planung bei dieser Managementmethode schwieriger.
- Minuspunkt bei Scrum: Meetings sind ungeheuerliche Zeitfresser. Falls nur drei oder vier Mitarbeiter am Projekt arbeiten, braucht es keine Meetings. Wenn sie im gleichen Raum sitzen, sprechen die Beteiligten ohnehin die ganze Zeit miteinander.
- Pluspunkt bei Kanban: Die Überlastung von Mitarbeitern ist bei Kanban dank des Tafelsystems sichtbarer als bei Scrum. Da Sprints nicht abgebrochen oder verlängert werden dürfen, kommt es bei der Scrum-Methode oftmals zur Fehleinschätzung beim Arbeitspensum.
- Minuspunkt bei Kanban: Die Visualisierung der Arbeitsschritte auf dem Kanban-Board optimiert zwar den Workflow; bei großen Projekten und vielen kleinen Aufgaben geht der Überblick mit vielen Kärtchen und Namen auf der Tafel leicht verloren.
Fazit: Der Einsatz von Scrum lohnt sich vor allem bei großen, komplexen Projekten, während Kanban bei kleineren, übersichtlichen Aufgaben seine Stärken ausspielt.